Über M.R.C. Kasasians Kriminalroman „Tod in der Villa Saturn“

Noch mehr Gin, noch mehr Zigaretten und eine zarte Annäherung

Es beginnt an einem kalten, düsteren Januarmorgen in London im Jahr 1883. Englands berühmtester Privatdetektiv Sidney Grice und sein Patenkind March Middleton erhalten Besuch von einem Mann in schwarzer Kutte und landen prompt in ihrem dritten Kriminalfall.

March erhält eine Einladung in die Villa Saturn, ein Muster an Viktorianischer Baukunst und am nächsten Morgen ist ihr Gastgeber tot. March gerät selbst in Verdacht, ihr Vormund Sidney Grice gerät ins Zweifeln und schafft es in seiner unwiderstehlich mürrischen Art -gepaart mit unerschütterlichem Scharfsinn Licht in die Sache zu bringen.

Einmal davon abgesehen, dass ich diese London-Krimis von M.R.C. Kasasian gerne lese (und das nicht nur um mich im deutschen Hitze-Sommer etwas im Londoner Nebel abzukühlen), einen Platz im Hundeblog verdienen sich Kasasians Krimis schon deshalb, weil er immer wieder den Umgang mit Tieren thematisiert. Mit Tierschutz sah es im 19. Jahrhundert (nicht nur in England) so trübe aus, wie unter einer Gaslaterne im Januarregen. Diese Mal geht es um haarsträubende Versuche an Schweinen.

Dieses Mal ist es Albert, ein Black&Tan Cavalier Prinz Charles Spaniel, dessen Verschwinden Marchs ersten Solofall wird. Klein-Alby entpuppt sich im Nachhinein als Akteur einer bösartigen Finte und sicher sich so mit Stupsnase und Knopfaugen einen Platz in unserem Hunde-Literatur-Blog.

Zwischen der selbstbewussten March Middleton entwickelt sich in diesem dritten Band eine Romanze mit Inspektor Pound, der hartnäckig darum kämpft, ihre Unschuld zu beweisen. Aber keine Angst: Der Krimi wird an keiner Stelle süßlich.

Die spannende Story um die Vorgänge in der Villa Saturn rollt Kasasian nicht mit einer durchgängigen Erzählerstimme auf, sondern lässt die Beteiligten sprechen:

Das Vorwort stammt aus der Feder von Sidney Grice persönlich

(„Wohl mag es prahlerisch erscheinen, das Vorwort zu einem Buch zu schreiben, das zur Feier meiner Geistesgröße verfasst wurde (…)“),

den Großteil der Ereignisse erfährt man aus Tagebucheinträgen von March Middleton

(„Es begann, wie es enden muss – mit dem Tod und einem Priester.“)

Nach zwei Dritteln des Buchs teil uns der Verleger mit, dass Miss Middleton außerstande geriet, „ihre Schilderungen fortzusetzen“ (weshalb sie in eine Situation kam, kann ich hier natürlich nicht schildern; Spoiler!).

Zeit für einen Perspektivwechsel: Dem Geschehen folgen wir nun anhand der Niederschriften Mr Grices persönlich. Notizen, zu denen der Verleger angibt:

„Ausgelassen habe ich außerdem die achtundzwanzigtausend Wörter umfassende Beschreibung seiner Beobachtungen über gestufte Wachstumsmuster bei Fingernägeln.“

Grice Text liest sich dann entsprechend spröde, schließlich verzichtet der alte Herr auf Fakten, Fakten, Fakten und die akribische Wiedergabe von Dialogen. Das liest sich so trocken und komisch, dass man es fasst bedauern könnte, wenn gegen Ende wieder March selbst zu Wort kommt.

Aber nur fast, schließlich ist March eine brillante Geschichtenerzählerin, unerschütterlich und stets dankbar für einen Schluck Gin.

Mehr von M.R.C. Kasasian auf Hund im Buch: Der Fluch des Hauses Foskett


Abbildung: Rechte beim Verlag


Zum Buch:

Tod in der Villa Saturn

M.R.C. Kasasian:

Tod in der Villa Saturn.

Aus dem Englischen von Johannes Sabinski

Hoffmann und Campe, Hamburg, 2018

ISBN: 978-3-455-00408-3