Ein doppeltes Hoch der Faulheit.
Ich habe es schon immer gewusst: Von Tieren kann man viel lernen. Euphorische Freude zum Beispiel oder einhundertprozentige Hingabe an das, was man gerade macht; also Dinge wie Rennen, Fressen oder Schnuppern. Heute möchte ich zwei Büchlein vorstellen, die uns eine weitere tierische Fähigkeit vorstellten: Faulheit.
Das Schöne bei Tieren ist ja: Nach dem Rennen, Jagen und Fressen hat man frei. Und freie Zeit ist meistens Zeit zum Herumliegen, Dösen, Noch-mehr-Fressen. Zeit zum Faulenzen eben. Menschen, die etwas auf sich halten, faulenzen nie. Dafür haben sie keine Zeit. Und der Begriff „Faulenzen“ ist eindeutig negativ besetzt. Faulenzen, das ist etwas, was man eigentlich besser nicht macht. Und wenn, dann eher heimlich.
Die beiden Büchlein „Faule Hunde“ und „Die Faultier Challenge“ holen das Faulenzen aus der Schmuddelecke und feiern die Faulheit, ja machen Faulheit sogar zum Programm. Die Hunde, die Hansi Trompka für seinen kleinen Fotoband „Faule Hunde“ abgelichtet hat, fläzen sich in den bequemsten Posen herum. Sie pofen, dösen, schlummern und tagträumen.
Vielleicht denken sie über den nächsten gelungenen Futterklau-Coup nach oder träumen von der hübschen Nachbarhündin respektive dem stattlichen Rüden von gegenüber. Vielleicht machen sie nach getaner Arbeit auch einfach nichts. Gar nichts. Nullkommanix. Wie Trompka es auch Calou, einer Fellnase reiferen Alters, in den Untertitel textet:
„Ich kam, sah und vergaß, was ich machen wollte“.
Und was macht man dann als gestandener Hund? Man sucht sich keine Alternativtätigkeit. Räumt nicht die Spümaschine aus und setzt sich eben nicht an die Steuererklärung. Nein. Man gönnt sich ein nettes Vormittagsnickerchen. Oder zwei.
Trompkas „Faule Hunde“ sind Vertreter der unterschiedlichsten Rassen und Altersstufen. Ggemein ist ihnen die Fähigkeit zum totalen Abschalten, dem völligen Verzicht auf Körperspannung. Und es ist ihnen schnuppe, wie sie während ihrer Ruhepause aussehen. Da verdrehen sich Augen, dass das Weiße hervorblitzt. Da blickt man auf erschlaffte Augenlieder und Lefzen, die sich der Schwerkraft hingeben. Es macht Freude, sich die Bilder anzusehen. Gelungene Momentaufnahmen völliger Ruhe. Die Aufnahmen entbehren – aus unserer menschlichen Perspektive versteht sich – nicht einer gewissen Komik. Hansi Trompka ist es beim Betrachten seiner Bilder wohl nicht anders gegangen: Für jedes einzelne Bild findet er einen gelungenen humorvollen Untertitel.
Apropos Komik: Unsere Hunde würden an den Fotos natürlich kaum etwas Komisches finden. Für sie ist Dösen ja der Normalzustand. Komisch fänden sie es allenfalls, dass man sie währenddesschenfotografiert. Was für ein Aufwand. Anstelle dessen hätte sich der Fotograf ja auch auf die faule Haut legen können. Aber er kennt wohl „Die Faultier-Challenge“ noch nicht.
Wer sich häufiger in sozialen Netzwerken bewegt, kennt sie: Die Aufforderungen an einer Challenge teilzunehmen, nach der man dann schöner, leichter, motivierter, erfolgreicher oder gesünder ist. Oder alles zusammen. Dazu gehören Smoothies, Pulsuhren und meistens kommt man auch ohne Joggingschuhe nicht aus. Ich nehme ja prinzipiell nicht an solchen Selbstoptimierungs-Maßnahmen teil (Pepita auch nicht, sie ist durch das Clicker-Training hinreichend gefordert und verweigert sich darüberhinausgehenden Zumutungen). Aber eine „Faultier-Challenge“, das klingt doch gut. „Entspannt und glücklich statt fit und gestresst in nur 30 Tagen“ verspricht das kleine Büchlein mit dem meditierenden Faultier auf dem Titelblatt. Da mach ich mit.
In 30 überschaubaren Lektionen lerne ich den Umgang mit To-do-Listen (verbrennen) und Weckern (stellen schon, aber vor die Tür). Ich erfahre, welche Unterlagen wirklich wichtig sind (Matratze) und habe endlich den optimalen Life-Hack zur Lösung meiner Gewichtsprobleme: Ich stelle mich mit nur einem Bein auf die Waage. Klappt bestens!
Da „Die Faultier-Challenge“ einen ja nicht überfordern soll, ist alles hübsch groß geschrieben und mit possierlichen Faultieren illustriert. Ich denke, wer das Büchlein „durcharbeitet“ und mit hinreichender Trägheit bis zum 30. Tag der Challenge durchhält, fühlt sich wie neugeboren: Vom Macher zum Faulpelz innerhalb eines Monats. Aktionismus und Stress sind wie weggeblasen, denn:
„Wollen ist wie machen, nur gemütlicher.“
Zu den Büchern:
Hansi Trompka: Faule Hunde.
riva Verlag, München 2015
ISBN: 978-3-86883-637-0
48 Seiten, 6,99 Euro
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Die Faultier Challenge (ohne Verfasserangabe).
riva Verlag, München 2018
ISBN: 978-3-7423-0592-3
64 Seiten, 6,99 Euro